BRÜDERLE-Interview für die Leipziger Volkszeitung

Der Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Präsidiumsmitglied RAINER BRÜDERLE, gab der "Leipziger Volkszeitung" (heutige Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte THILO BOSS:

Frage: Die Schuldenkrise verschärft sich. Spanien und Italien kommen wieder stärker unter Druck. Und auch Frankreich scheint in den Strudel hineingezogen zu werden. Wird jetzt ein Domino-Effekt ausgelöst?

BRÜDERLE: Das sehe ich nicht. Die genannten Länder sind nicht mit Griechenland zu vergleichen. Frankreich und Italien sind starke Volkswirtschaften mit modernen Industrien. Auch Spanien führt entschlossen notwendige Reformen durch. Diese Reformen müssen wir mit der Einführung und Umsetzung konsequenter europäischer Stabilisierungsmaßnahmen unterstützen. Das schafft Vertrauen und beruhigt die Märkte.

Frage: Wirtschaftsminister Philipp Rösler hat die EZB davor gewarnt, weiter Anleihen von den Krisenländern aufzukaufen. Aber gibt es dazu überhaupt eine Alternative?

BRÜDERLE: Philipp Rösler und ich sind uns einig. Die EZB sollte sich schnellstmöglich wieder auf ihre Kernaufgabe konzentrieren, nämlich die Sicherung der Geldwertstabilität. Wenn die EZB die Gelddruckmaschine dauerhaft laufen läßt, erhöht das die Inflationsgefahr. Wir würden uns von der deutschen Stabilitätskultur entfernen, auf die wir zu Recht so stolz sind. Im Übrigen können so auch nicht die Ursachen der Schuldenmisere behoben werden. Die liegen in falschen Strukturen und fehlender Wettbewerbsfähigkeit.

Frage: Kommen nun doch die Eurobonds?

BRÜDERLE: Wir wollen keine Schuldenunion. Eurobonds wären nichts anderes als Zinssozialismus. Wir müssten dann für die Schulden der anderen haften. Jeder Anreiz zum Sparen und soliden Wirtschaften wäre dahin. Wir wollen eine europäische Stabilitätsunion. Dazu gehört, dass grundsätzlich jeder für seine eigenen Schulden haftet.

Frage: Der EFSF soll deutlich über eine Hebelwirkung aufgestockt werden. Mit welchem Instrumentarium und auf welches Volumen?

BRÜDERLE: Das sind keine einfachen Diskussionen. Es ist durchaus sinnvoll, die vorgesehenen Mittel möglichst wirkungsvoll einzusetzen. Eines steht aber fest: Die deutsche Haftungsobergrenze wird nicht erhöht. Das hat der Deutsche Bundestag auf Initiative der Koalition mit großer Mehrheit parteiübergreifend beschlossen. Daran wird nicht gerüttelt.

Frage: Vieler Bundesbürger wollen die D-Mark zurück. Ist das eine Option?

BRÜDERLE: Nein. Die D-Mark war eine starke Währung für einen kleinen Markt. Genau in dieser Stärke lag aber auch eine Gefahr. Mit der D-Mark wären wir als Exportnation niemals so stark durch die Krise gekommen. Länder mit teuren nationalen Währungen wie die Schweiz leiden nachhaltig unter eingebrochenen Exporten und müssen gegensteuern. Und noch eines: die Inflationsraten in Deutschland sind heute geringer als zu D-Mark-Zeiten. Der Euro ist eine sehr stabile Währung.

Frage: Das Ersparte ist also sicher. Oder?

BRÜDERLE: Ein stabiles Wachstum, solide Haushalte und Investitionen in Bildung und Infrastruktur sind die besten Garanten, unseren Wohlstand zu sichern. Deshalb achten wir die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse. Andere Länder in Europa müssen unserem Beispiel folgen. Das bekämpft die Inflation und sichert unsere Ersparnisse.

Frage: Die FDP steht vor einem Mitgliederentscheid über den Rettungsfonds. Wer setzt sich am Ende durch?

BRÜDERLE: Der Antrag des Bundesvorstandes zur Schaffung einer europäischen Stabilitätsunion mit klaren Sanktionsmechanismen gegen Eurosünder wird eine deutliche Mehrheit bekommen. Die FDP bekennt sich zur Europapolitik in der Tradition Walter Scheels und Hans-Dietrich Genschers.
Quelle: Presse FDP

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